Tomaten sind ja bekanntlich äußerst gesunde Früchte, denn sie enthalten zahlreiche Vitamine und Mineralien. Ebenso ist bekannt, dass grüne unreife Früchte den giftigen Stoff Solanin enthalten und deshalb nur reife Exemplare verzehrt werden sollten. Doch wie verhält es sich mit der These, dass in Tomaten auch Blausäure enthalten sind? Wir gehen der Frage auf den Grund und erklären zudem, was Blausäure eigentlich ist und wie diese wirkt!
Was ist Blausäure?
Unter Blausäure wird die wässrige Lösung des hochflüchtigen Stoffes Cyanwasserstoff (HCN) verstanden. Die Bezeichnung „Blausäure“ leitet sich von der Gewinnung aus Eisenhexacyanidoferrat ab, einem tief blauen Farbpigment, das auch als „Berliner Blau“ bekannt ist. Der Stoff kommt sowohl in der freien Natur vor, kann aber auch im Labor gewonnen werden. Blausäure ist hochgiftig und bereits in geringen Mengen lebensgefährlich.
- ist ein sekundärer Pflanzenstoff
- farblos bis gelblich
- wasserlöslich
- Siedepunkt: ca. 26 Grad Celsius
- Geruch erinnert an Bittermandeln
Hinweis: Blausäure hat zwar einen Eigengeruch, allerdings kann dieser nicht von jedem Menschen wahrgenommen werden. Es wird vermutet, dass nur rund 60 bis 70 Prozent aller Menschen genetisch in der Lage sind, Blausäure tatsächlich zu riechen.
Blausäure in der Geschichte
Während die giftige Wirkung dieses Stoffes heute unter anderem zur Schädlingsbekämpfung verwendet wird, wurde sie früher verschiedentlich gegen Menschen eingesetzt. So wurden beispielsweise zur Zeit des Nationalsozialismus Menschen im KZ Ausschwitz mit Blausäure vergiftet. Ebenso wurde Cyanwasserstoff in den USA bis 1999 zur Vollstreckung der Todesstrafe eingesetzt, indem die Verurteilten in eine Gaskammer gesteckt und anschließend mit Blausäure erstickt wurden.
Wie wirkt Blausäure?
Blausäure kann sowohl über die direkte Einnahme als auch über die Atmung sowie über die Haut in den menschlichen Organismus gelangen. Dort hemmt der Stoff ein wichtiges Enzym, das für die Zellatmung zuständig ist. Die Folgen sind drastisch: Die Zellen können den Sauerstoff nicht weiter verwerten, sodass es innerhalb kürzester Zeit zu einem Sauerstoffmangel und in weiterer Folge Tod durch Ersticken führen kommen kann.
- Verbrennen von Kunststoff kann Blausäure freisetzen
- schweißtreibende Tätigkeiten begünstigen Aufnahme über Haut
Ab welcher Menge ist Blausäure giftig?
Bereits ein bis zwei Milligramm Blausäure pro Kilogramm Körpergewicht kann tödlich sein. Doch auch die Aufnahme durch die Luft kann zu Vergiftungserscheinungen und schlussendlich zum Tod führen. Hierbei geht man von folgenden Richtwerten aus, wobei ppm für „parts per million“ zu Deutsch „Teile pro Million“ steht:
- 2 – 4 ppm: Wahrnehmungsgrenze durch Geruch
- 10 ppm: PEL Expositionsgrenze
- 20 – 40 ppm: Auftreten von leichten Symptomen nach mehreren Stunden
- 45 – 54 ppm: etwa 30 bis 60 Minuten lang tolerierbar
- 100 – 200 ppm: tödlich nach 30 bis 60 Minuten
- 300 ppm: sofort tödlich
Hinweis: Auch bei der Aufnahme von kleinen Mengen unbedingt ein Arzt aufsuchen!
Symptome einer Blausäurevergiftung
Der Kontakt und/oder die Aufnahme von Blausäure endet nicht immer sofort tödlich. Denn sowohl die Konzentration in der Luft beziehungsweise die aufgenommene Menge an Blausäure spielen hierbei eine essenzielle Rolle. Dementsprechend variieren auch die Symptome je nach Schweregrad der Vergiftung. Typisch für eine Blausäureintoxikation ist, dass die Ausatemluft von betroffenen Personen nach Bittermandeln riecht. Zudem können folgende Vergiftungserscheinungen auftreten, die je nach Schwere der Vergiftung variieren:
Leichte Blausäurevergiftung
- Atemnot
- Kopfschmerzen
- Schwindelgefühl
- Übelkeit
- Erbrechen
Akute Blausäurevergiftung
- ab etwa 70 mg, bzw. 1-2 mg / kg Körpergewicht
- mangelnde Sauerstoffversorgung
- Absterben der Zellen
- epileptische Krämpfe
- Ohnmacht
- rosige Hautfarbe
- Organversagen
- Ersticken
Blausäurevergiftung bei Tieren
Auch Tiere können eine Blausäurevergiftung erleiden, welche ebenfalls innerhalb kürzester Zeit zum Tod führen kann! Typische Symptome bei Tieren sind unter anderem starkes Speicheln, Atemschwierigkeiten mit erhöhter Atemfrequenz sowie geweitete Pupillen. Bei schweren Vergiftungen leiden die Tiere zudem an Krämpfen, Zittern und sind stark erregbar. Auch eine starre Kopfhaltung, hellrote Schleimhäute und der typische Geruch nach Bittermandeln in der Ausatemluft sind typische Symptome. Wird eine starke Blausäurevergiftung nicht umgehend behandelt, fallen die Tiere ins Koma und sterben.
In welchen Pflanzen und Lebensmitteln ist Blausäure enthalten?
Weltweit sind über 1000 verschiedene Pflanzen bekannt, die Blausäure produzieren. Allerdings wird der giftige Stoff in der Regel erst freigesetzt, wenn die Pflanzen durch Insekten verletzt werden. Demnach handelt es sich hierbei wahrscheinlich um einen natürlichen Schutzmechanismus, wobei die ökologische Funktion zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig geklärt ist. Unter anderem findet sich Blausäure in den folgenden pflanzlichen Nahrungsmitteln:
- Bittermandeln
- bittere Aprikosenkerne
- Kerne von Steinobst
- rohe Hülsenfrüchte
- Leinsamen
- Zuckerhirse
Enthalten Tomaten Blausäure?
Neben Solanin enthalten Tomaten auch Blausäure, allerdings nur eine wirklich äußerst geringe Menge. Denn ein Kilogramm Tomaten enthält nur rund 16 µg Blausäure. Zur Veranschaulichung in Zahlen: In 1000 Gramm finden sich rund 0, 0000016 Gramm Blausäure. Demnach müsste ein Mensch eine außerordentlich große Menge an Tomaten verzehren, um eine Vergiftung mit Blausäure hervorzurufen. Denn der Toleranzbereich des menschlichen Körpers liegt zwischen 1 bis 60 Milligramm Blausäure pro Kilogramm Körpergewicht.
Tomaten essen: So sind sie sicher
Während der Blausäuregehalt von Tomaten grundsätzlich keine Gefahr darstellt, könnte das enthaltene Solanin unschöne Nebenwirkungen hervorrufen. Denn hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Giftstoff, der jedoch fast ausschließlich in den grünen Pflanzteilen vorkommt. Eine lebensbedrohliche Vergiftung durch den Verzehr von grünen, unreifen Tomaten ist zwar äußerst unwahrscheinlich, allerdings können Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden, Durchfall oder Benommenheit auftreten. Wer beim Verzehr von Tomaten auf Nummer sicher gehen möchte, sollte daher auf Folgendes achten:
- nur reife Früchte essen
- grüne Pflanzteile entfernen
- unreife Früchte nachreifen lassen
- oder weiterverarbeiten (z.B.: zu Soßen einkochen)